„Zwei Hühner auf dem Weg nach Vorgestern“, so steht es reißerisch auf dem Programm
Modernes Schauspiel von Alfons Yondraschek, und inszeniert ist es von Moro Schlamm
Und Yondraschek ist dem geneigten Theaterkenner wohl bestens bekannt
Wird er doch gern zu Recht der Meister des irrealen Parasymbolismus genannt
Da hebt sich zögernd schon der Vorhang, das Bühnenbild zeigt „Nirgendwo“
Der Schauplatz ist bedrückend leer, das bleibt noch gut zwanzig Minuten so
Doch dann erscheint gleichsam dämonisch, in jähem Wechsel des Rampenlichts
Ein Mime halblinks auf der Bühne, und dann passiert lange Zeit nichts
Dann ruft er: „Ha! Wo steckt denn der Verräter?“ Übrigens, der Held ist selbstverständlich nackt
Die Frage lastet bleischwer auf dem Publikum, und damit endet der erste Akt
Und jeder, der bis dahin folgen kann, und der sich mit Bildung auskennt
Der schätzt am ersten Akt vor allen Dingen des Dichters ungestümes Temp'rament

Da hebt sich gnadenlos der Vorhang, das Spiel nimmt unbarmherzig seinen Lauf
Der Held ist vorsichtshalber erst mal umgefallen, und nun steht er langsam wieder auf
Und wie das Leben nun mal spielt, trifft er zufällig einen zweiten Nackedei
Die beiden üben laut Sozialkritik und schlagen Purzelbaum dabei
Ein Kritiker klatscht stürmisch Beifall, er ist im Innersten wild aufgewühlt
Weil er hier all' seine Probleme endlich so recht verstanden fühlt
Derweil robbt sich aus der Kulisse der tückische Verräter auf dem Bauch
Der Weg ist lang, da schläft er ein, ein Teil des Publikums tut das auch
Der Held nimmt sich schnell einen Plastikbeutel, darin wird der Bösewicht verpackt
Und er begießt ihn mit drei Eimern Farbe, und damit endet der zweite Akt
Und jeder, der bis dahin folgen kann, und der sich mit Bildung auskennt
Der schätzt am zweiten Akt vor allen Dingen das gesellschaftskritische Moment

Im dritten Akt erfolgt die Läuterung des buntverpackten Bösewichts
Die Spannung wird schier unerträglich, man hört sie knistern, sonst hört man nichts
Die Läuterung findet im Plastikbeutel und zudem völlig geräuschlos statt
Wohl dem im Saal, der Butterbrote oder eine Thermosflasche bei sich hat
Alsdann kommt ein maskierter Sprech-Chor und ruft: „Oh seht, der Held erfriert!“
Dabei war das nun wirklich nicht nötig, denn das Theater wird subventioniert
Ein Poltern hinter den Kulissen verheißt ein grässliches Schicksalssymbol
Denn nun kommt der tragische Höhepunkt – verkörpert von Frau Emma Pohl
Frau Pohl tritt von rechts auf die Bühne und ruft: „Das hier ist ein anständiges Haus!“
Und sie entkleidet sich zum Schrecken aller, doch da ist Gottseidank das Drama aus
Und jeder, der bis dahin folgen kann und der bislang auch noch nicht pennt
Der ist entweder nicht ganz klar im Kopf oder Theaterkassenabonnent